Rückblick Gedenkveranstaltung am 9. November

Rückblick auf die diesjährige Gedenkveranstaltung vom 9. November 2021:
Erinnerung an jüdische Mitbürger – Mahnung zum Kampf gegen Antisemitismus und jegliche Art der Diskriminierung

Es ist zu einer wichtigen Tradition geworden, am 9. November an den Brand der Osthofener Synagoge im November 1938 zu erinnern. Die örtlichen Nationalsozialisten hatten gezielt und öffentlich sichtbar unsere jüdischen Mitbürger angegriffen und ihre nur wenige Jahrzehnte zuvor mit Stolz an der Osthofener Hauptstraße errichtete Synagoge angegriffen.

Mit einfühlsamer Musik leitete das Klarinetten-Trio des Wonnegauer Blasorchesters die Aufmerksamkeit der Zuhörer zur Ansprache von Bürgermeister Thomas Goller.

„Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart“.
Mit diesem Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizäcker eröffnete er das Gedenken: Er appellierte an die Anwesenden, antisemitische Parolen ernst zu nehmen und denjenigen, die Hass schüren, offen entgegenzutreten. „Mit den Novemberpogromen wurde die Judenhetze auf ein neues Niveau gehoben: Das Ergebnis waren die Vernichtungslager, in denen Juden wie Ware behandelt und perfide ermordet wurden. Manche von ihnen stammen auch aus Osthofen.“

Vier Schicksale der 39 belegten Osthofener Mitbürger jüdischen Glaubens, die von der Nazi-Maschinerie getötet wurden, rief die Schülergruppe des Leistungskurses Geschichte der IGS Osthofen mahnend ins Bewusstsein: Adolf Kahn, Hermann Mayer, Katherina Meyer und Johanna Müller.

Sie hatten Seite an Seite mit unseren Vorfahren den 1. Weltkrieg, die Inflation der 20er Jahre und die Weltwirtschaftskrise erlebt. Mit der Machtergreifung Hitlers begannen die Jahre der Schikane, der Ausgrenzung, der offenen Diskriminierung und persönlichen Angriffe.

Am hellen Tag des 22. Oktober 1940 wurden Adolf Kahn, Hermann Mayer, Katherina Meyer und Johanna Müller schließlich zusammen mit ca. 6.500 jüdischen Bürgern aus der Pfalz, dem Saarland und Baden in Mannheim zusammengetrieben und in einem perfekt organisierten Bahntransport quer durch Frankreich bis in den äußersten Südwesten an die spanische Grenze ins Internierungslager Gurs abtransportiert. Die menschenunwürdigen Zustände dort beschrieb Philipp Lukas vom Förderverein Projekt Osthofen e.V. sehr eindringlich: Mangelernährung, katastrophale hygienische Bedingungen, Seuchen und Tod waren an der Tagesordnung.
Knapp zwei Jahre überlebten die vier Osthofener im Lager Gurs, bevor sie erneut durch ganz Zentraleuropa über das Sammellager Drancy bei Paris zur „Endlösung“ in die Vernichtungslager Auschwitz und Majdanek „gekarrt“ und dort umgebracht wurden.
In einem beeindruckenden szenischen Beitrag führen vier Schülerinnen und Schüler der AG Darstellendes Spiel der IGS die Bücherverbrennungen vom Mai 1933 vor Augen und schafften mit einem Heinrich Heine Zitat klar und eindringlich den Bezug zur aktuellen gesellschaftlichen Situation: “... dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen …“.

Gez. Inga May, Vorsitzende des städtischen Arbeitskreises 9. November Osthofen.